APAS

Aporien der Perfektionierung in der beschleunigten Moderne (APAS)

Projekttitel: Aporien der Perfektionierung in der beschleunigten Moderne

Projekttyp: Drittmittelprojekt

Akronym: APAS

Projektbeschreibung

Wissenschaftliche Leitung: Prof. Dr. Vera King (SFI, Sprecherin), Prof. Dr. Benigna Gerisch (IPU Berlin), Prof. Dr. Hartmut Rosa (FSU Jena)
gefördert durch: Volkswagenstiftung.
Förderinitiative: Schlüsselthemen für Wissenschaft und Gesellschaft
Wiss. MitarbeiterInnen: Julia Schreiber (SFI), Ben Salfeld-Nebgen (IPU) u.a.;
Laufzeit: 12/2012 – 04/2018.

Publikationen zum Projekt APAS

Ausgangspunkt des Projekts ist der Befund, dass sich moderne Gesellschaften westlichen Typs dynamisch reproduzieren, d.h. auf stetigem Wachstum und Innovation basieren, und dass sich im Zuge dessen die Modi der Effektivitätssteigerung verändern. So impliziert dynamisches Wachstum nicht nur die Beschleunigung sozialer Prozesse, sondern erfordert permanente Optimierung sozialer Praxis in unterschiedlichen Lebensbereichen. Die verschiedenen, teils auch im Verhältnis zueinander strukturell entgegengesetzten Optimierungslogiken in differenten Teilbereichen müssen auf der Ebene individueller Lebensführung wiederum integriert und in diesem Sinne zu perfektionieren versucht werden.

Während Optimierungsanforderungen aus der Rationalisierung und operativen Beschleunigung sozialer Handlungsfelder resultieren und in der Regel auf die quantitative Steigerung einzelner Parameter der Lebensführung abzielen, richten sich Perfektionierungsbestrebungen in diesem Sinne auf die gesamte Lebensführung. Dabei gehen wir davon aus, dass sich spätestens mit den folgenreichen politischen, technischen sowie ökonomischen Umbrüchen um 1990 die Moderne selbst noch einmal in einer Weise beschleunigt hat, die für die individuelle Lebensführung neuartige Perfektionierungsansprüche und Widersprüche hervorbringt und bisherige Integrationsfähigkeiten in Frage stellt.

Projektleitend ist somit die Annahme eines spezifischen Zusammenhangs von Beschleunigung, Optimierung und Perfektionierung, dessen Untersuchung auf verschiedenen Ebenen des Sozialen aussteht. Ausgehend von der Vermutung, dass die Anforderungen an perfektionierte Lebensführung biografische Muster und Bewältigungsformen begünstigen, die systematisch die – für das gesellschaftliche Funktionieren und die Reproduktion zugleich unverzichtbaren – Ressourcen sozialer Beziehungen und psychischer Verarbeitungskapazitäten zu unterminieren neigen, untersuchen wir insbesondere die potentiell kontraproduktiven Folgewirkungen der Perfektionierungsansprüche.

Aus dieser Sicht sind Zusammenhänge naheliegend zwischen (Aporien der) Perfektionierung und jenen Phänomenen und Störungsbildern, die als zeittypische ‚Pathologien‘ verstanden werden können. Erscheinungsformen der Erschöpfung und Überforderung sowie pathologisch übersteigerte Formen der (insbesondere körpermanipulierenden) Selbstoptimierung sind, so eine untersuchungsleitende Hypothese, gesellschaftlich mitproduzierte oder verstärkte symptomatische Verarbeitungsweisen, die die Aporien der Perfektionierung zugespitzt zum Ausdruck bringen. Vor diesem Hintergrund werden im Projekt bei 25- bis 40-jährigen Männern und Frauen auch die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen alltäglichen biografischen Mustern der Optimierung und Perfektionierung und Bewältigungsmustern oder Überforderungsszenarien bei klinisch auffälligen Gruppen verglichen.

Im Zentrum stehen daher für alle Teile des Projekts die Fragen, wie sich die fortwährende gesellschaftliche Dynamisierung des Wettbewerbs und der Anerkennungsstrukturen in Perfektionierungszwänge für die Subjekte übersetzt und welche Konsequenzen dies für soziale Beziehungen und Selbstentwürfe auch auf der Ebene der Körper-Selbstverhältnisse hat. Dazu wurde ein dreigliedriger, eng aufeinander bezogener, mehrere Ebenen des Sozialen vermittelnder und zugleich mehrdisziplinärer Zugang entwickelt, bei dem verschiedene qualitative und quantitative Methoden kombiniert werden:

Im ersten Teilprojekt (Rosa) wird aus makrosoziologischer Perspektive die Matrix einer Zeit- und Gesellschaftsdiagnose erarbeitet, die im zweiten Teilprojekt (King) durch eine biografieanalytische Mikroanalyse unter Einbezug generationaler Aspekte von Sozialisationsprozessen sowie psychischen Verarbeitungsmustern weiter ausdifferenziert wird, während im dritten Teilprojekt (Gerisch) die Auswirkungen auf den Ebenen des Psychischen mit Blick auf die Umschlagstelle von Selbstoptimierung und Autodestruktion fokussiert werden.

Der innovative Gewinn dieses dreigliedrigen Forschungsansatzes liegt insgesamt in der Möglichkeit, den sozialtheoretisch offenen Fragen zur komplexen Vermittlung von Sozialem und Individuellem im Kontext der dargelegten kulturellen Wandlungsprozesse nachgehen zu können. Entsprechende Ergebnisse sind sowohl für die Sozialisations- und Entwicklungsforschung als auch für den klinisch-diagnostischen und präventiven Bereich relevant und darüber hinaus auch in gesellschaftstheoretischer Hinsicht von großem Interesse.

Weitere Informationen unter: https://www.apas.uni-hamburg.de/

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